20 Jahre Torfkurier, der Film






Nachwuchsfragen

Work-Life-Balance und sonst?

Text: Götz Paschen

‚Eine 30-Stunden- und 4-Tagewoche hätten Sie also gerne? Nun gut.‘ Work-Life-Balance spiele eine große Rolle? ‚Sie kompensieren Ihre verminderte Anwesenheit als ‚Digital Native‘ durch erhöhte Effizienz bei der Arbeit?‘ Viele Arbeitgeber streichen Ausbildungsplätze, weil sie die Faxen satt haben. Lässt sich zwischen 16 und 20 Jahren noch ein gesunder Strauß an Erziehungsmängeln reparieren? Ist Leistungsbereitschaft ein Fremdwort, während Work-Life-Balance keins mehr ist? Warum nur PC-Arbeit und keine Drecksarbeit oder schuften? Sollen das die Migranten machen? Aber die machen doch auch schon Karriere in den Krankenhäusern mit den vielen Schichten? Die unteren Arztpositionen dort sind doch fast ausschließlich mit Schwarzhaarigen besetzt, zum Glück! Und die Osteuropäer übernehmen die Baustellen. Wer spricht auf den großen Baustellen noch Deutsch? Warum müssen Bauingenieure im Studium nicht mindestens zwei Semester Polnisch und Rumänisch belegen? Wo ist der Vorsprung der fröhlichen deutschen Brut: Muttersprache? Erbe? Vitamin B? Voller Wohlstand ohne volle Leistung, wie soll das gehen? Keine Rentensicherheit, ja wovon auch? Wer hat denn 2060 noch 40 Jahre voll eingezahlt? Natürlich werden unsere Alten zu alt, gemessen an dem, was sie eingezahlt haben? Wie will ein Deutschland ohne eine geregelte Zuwanderungspolitik diese Lücke schließen? Was passiert in zehn Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen?

Utopien
Geben wir dann endlich den Maschinenertrag an die Gesellschaft weiter, wie so viele Utopien es wünschten? Gibt es Strippenzieher, die noch einige Asse im Ärmel haben? Oder haben die Strippenzieher noch nie Asse im Ärmel gehabt und gucken nur, dass sie das Geld beisammen und der Hintern an der Wand behalten? Wohin geht die Reise, wenn keine junge Generation einen brisanten Gesellschafsentwurf entwickelt? Einen weg- und zukunftsweisenden Entwurf, an dem sich die Alten abarbeiten? Der Kontroversen entfacht? Geben wir uns mit Fridays-for-future-Minderheiten zufrieden? Und die übrigen, was treiben die? Ihre Karriere voran? In Unternehmen, die gut aufgestellt sind und vernünftig bezahlen? Die aber keine Zukunft im Angebot haben? Das ist wohl gut fürs Portemonnaie? Aber was sagt das Karma?

Salto rückwärts
Oder kommt alles umwerfend anders, als wir es denken können? Weil wir mit unseren alten Gedanken nichts Neues schaffen? Weil in der Ablehnung von aufschwungwütiger Vielarbeit auch eine Wahrheit steckt? Weil Wandel durch neue Haltung entsteht und nicht durch Fleiß? Weil Zeitwohlstand schon ein Teil des künftigen Gesamtwohlstandskonzeptes ist? Weil das schon die Revolte ist? Sich der Maschine zeitlich zu verweigern, dass sie einen nicht frisst? Oder sich ihr konsummäßig zu verweigern, weil Carsharing reicht? Weil das Babboe-Lastendreirad mehr Statussymbol einer neuen Familienkultur ist als der dicke Wagen? Die sind schon fertig mit ihrem Programm, und wir haben es nicht kapiert? Väter in Elternzeit? Und die Karriere, die da nicht mitgeht, bei der gehen sie nicht mit? Und die Arbeit im Homeoffice, nah bei der Familie? Keine Arbeitswege, haben wir damit nicht auch schon wieder viel erledigt? Oder gar keine Kinder, weil wir schon genug Überbevölkerung haben? Ist das neue Wohlfühlkonzept schon die Lösung? Sind wir schon weiter, als vermutet, weil schuften doof ist? Und weil Bio für viele krawallfrei schon so selbstverständlich ist wie Zähne putzen zweimal täglich?

Hochkultur
Drücken die ‚Nicht-Satten‘ diese Entspannten an die Wand? Oder lassen die Entspannten sich trotzdem die Führung nicht aus der Hand nehmen? Den Vorteil der Geburt im passenden Land mit passendem Pass? Wird auch diese Hochkultur sich bald überlebt haben? Oder gibt sie ihre Errungenschaften: Zeitwohlstand, Umweltbewusstsein … an die Welt weiter? Und schafft die ‚Welt‘ das, mindestens fünf Wohlstandsentwicklungsstufen zu überspringen und gleich dort einzusteigen? Haben wir so viel Vertrauen in die Großhirnrinde des Homo sapiens?

Torftipp: Eigene Bewertungen gelegentlich hinterfragen?