20 Jahre Torfkurier, der Film






Aktives Warten

Einfach machen!

Text: Götz Paschen

In meinem nächsten Leben komme ich als Heuler auf die Welt. Das erspart mir diese permanente Selbst- und Fremdmotivation. Ich will mich auch mal bequem in meinem Sumpf wälzen und aus der Suhle heraus heulen. Speckschwartenbequem, dreckig und quietschfidel. Aber was brint’s?

Machen
Und ganz ehrlich: Was mir stinkt, ist Geheule. Stattdessen: Anfangen. Sich der Realität stellen. Auf das Glück des Lebens natürlich warten. Aber während des Wartens auf die Verhältnisse relevant Einfluss nehmen. Aktives Warten! Sonst ist das Leben rum, und es ist nichts passiert. Fehler machen! Es besser machen und bessere Fehler machen, wie schon Samuel Beckett empfiehlt. Lösungen gibt’s nicht von der Stange. Die wollen entwickelt werden. Die Industrie kennt das Konzept des KVP: Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. So muss ein Mensch auf sein Leben Einfluss nehmen.

Spannung
Die Ideale halten die Spannung zwischen der Wirklichkeit und der Wunschvorstellung aufrecht. Diese Spannung ist der zentrale Motor für den Wandel. Das Ideal an der Wirklichkeit zu messen, führt zu Resignation. Resignation ist in diesem Fall intellektuell verbrämte Bequemlichkeit. Die Realität war nie nah am Ideal.

Scheitern
Lethargie ist keine Antwort auf Scheitern. Jeder Skater fliegt 1.000 Mal aus der Kurve, bis er sie hat. Von Skatern und Kindern kann man lernen, wie viele Wiederholungen es braucht, bis etwas gelingt. Wer vorm Stürzen Angst hat, stagniert. Stagnation ist das Gegenteil von Bewegung. Es geht um kleine Schritte, einen nach dem anderen, aber kontinuierlich (KVP). Aktives Warten beschreibt die Haltung, in der wir die Welt von morgen schon heute gestalten können. Jedes Gelingen ist ein Teilerfolg. Jedes Scheitern ist ein Hinweis auf Strategieschwäche. Oft auch auf starke Gegner. Aber der stärkste Gegner ist keine politische Macht, sondern der innere Schweinehund. Wenn der überwunden ist, sollte das Leben langsam Fahrt aufnehmen.

Bilder
Niemand sollte die Macht von symbolischen Handlungen unterschätzen. Gerade Bilder verändern das Bewusstsein. Sie sind die Basis für äußeren Wandel. Klare Gedanken erzeugen Schub. Wer sich in dem Gestrüpp seiner Ideen verheddert, hat keinen. Bilder gestalten die Vorstellungskraft der Möglichkeiten. Ohne Bilder keine Richtung. Ideen müssen magnetisierend sein. Dann können wir die Bewegung der Physik überlassen. Spaß spielt eine Rolle. Spaß birgt Magnetismus. Wer mit Ernst die Welt – oder auch nur vier Umstehende – in Begeisterung versetzen will, wird scheitern. Wo das Herz nicht hüpft, da will keiner sein. Aktives Warten ist das Lebensmodell einer realistischen Geisteshaltung. Wir gestalten die Zukunft. Wir warten auf das Gelingen. Aber wir tun alles dafür, dass es gelingen kann. In der schönen Dualität von Glauben und Handeln.

Widersprüche
Und jetzt nicht wackere Christensprüche aufsagen und weiterhin nur warten. Das haut nun mal nicht hin. Das sieht der da oben. Oder wenn einem Glaube zu doof ist: Das Gewissen kann sehr wachsam sein, wenn man es lässt. Egal, was einem fehlt: Ein Partner, die Kinder, der Traumberuf, die hohe Gabe, ein Instrument zu beherrschen. Drauf zuzugehen und anzufassen, ist die einzige Art, wie eine Annäherung stattfinden kann. Auch für Alleinstehende. Alleinsein ändert sich nicht beim Heulen, sondern im Kontakt. Womit wir das auch geklärt hätten.

Frischer Wind
KVP oder aktives Warten – egal, wie wir es nennen. Es geht ums Machen. Scheitern gehört dazu. Risiko, Mut und Erfolg sind ein großer Haufen vitaler Lebenselemente. Hin und wieder darf jeder auf einem Plateau ausruhen. Und dann geht es weiter im nächsten An- oder Abstieg. Was uns ernährt sind die neuen Bilder jenseits des Alltags. Sofamief ist nicht der frische Wind von morgen.

Torftipp: Aktiv warten.