20 Jahre Torfkurier, der Film






Beten …

Wohin mit den Sorgen?

Von Götz Paschen

‚Die Welt ist groß. Rettung lauert überall‘, schreibt ‚medico‘, ein internationales Gesundheitshilfswerk aus Frankfurt/Main. Und die Mitarbeiter von medico sind mit ihren Partnerorganisation aus den entsprechenden Ländern an den fürchterlichsten (Kriegs-)Schauplätzen der Welt unterwegs. Wie kommen sie zu dieser Einschätzung? Sie nehmen die Dramen wahr, sehen ihre Aufgabe und gleichzeitig ihre Möglichkeiten. Ein engagierter Mensch kennt immer die Macht seines Handelns. Fühlt er sich eingebunden in den internationalen Kontext aller Weltverbesserer - im positiven Sinne - gibt ihm das eine elementare Kraft. Diese Kraft widersteht auch der bequemen Möglichkeit, sich von den tragischen Nachrichten erdrücken und ins Privatleben abdrängen zu lassen.

Solidarität
Was politisch zu meistern ist, wird getan. Den Despoten steht in allen Ländern eine Gegenmacht gegenüber, die medienmäßig nicht den entsprechenden Widerhall findet. Nichtsdestotrotz ist sie da und wirksam. Es ist immer ein Kräftespiel von Gut und Böse. Statisch beruhigende Endzustände widersprechen der Lebensdynamik. Schön, wenn das Gute dem Bösen überlegen ist. Schön, wenn das im Alltag konkrete Auswirkungen hat wie Pressefreiheit, Sozialstaat, Wohlstand, Frieden. Da wären wir bei der Dankbarkeit.

Sorgen
Wie aber steht es um die Situationen und Bereiche, in denen wir uns machtlos fühlen. Sowohl im Politischen wie im Privaten. Wer bremst die Kriegstreiber, Überschwemmungen und Umweltkatastrophen? Oder ganz banal und privat, aber nicht minder wichtig: Wer kümmert sich um die Sicherheit meiner Kinder, Eltern oder meines Partners, wenn ich nicht in der Nähe bin? So viel Handyortung, Pfefferspray und Auslandskrankenversicherung können Sie gar nicht organisieren, dass das gefühlte Restrisiko weg ist. Und dann steht der Mensch da, wie er geschaffen ist, nackt und ohne Werkzeug, vor sich und seinen Fragen.

Und dann?
Dann hilft beten. Keiner muss sich wie ein Katholik niederknien und einen Rosenkranz runterackern. Obwohl etwas Demut nicht schadet. Niemand muss in eine Kirche … Woher die Berührungsängste kommen, wäre an anderer Stelle zu ergründen. Ebenfalls warum Bekenntnis in der heutigen Zeit so wenig Konjunktur hat. - Wer alles getan hat, was in seiner Macht steht, kann nur hoffen und beten.

Und wie?
Wenn ihr Kind das Haus verlässt, einen Segen hinterherschicken und von oben Schutz erbitten: Kurzer Blick in den Himmel. Reicht völlig. Nicht wie auf unserem Foto die Arme in die Luft strecken und sich dem Himmel zuwenden. Ich halte nichts von großen Gesten. Für wen sind die? Für die Außenwelt? Was hat die mit Ihren intimen Gedanken am Hut? Was geht die an, welche Sorgen Sie haben? Nichts. - Oder Sie haben alles getan, um beruflich oder gesellschaftlich etwas zu erreichen. Blick nach oben, oder eine für andere unmerkliche Geste und sie geben den Rest der Aufgabe in höhere Hände.

Und warum?
Weil wir Menschen nun mal kleine Würstchen sind, die ohne Hilfe von anderen und/oder oben nicht zurande kommen. Wer so arrogant ist, zu denken, er wäre darauf nicht angewiesen, wird mit diesem Hochmut zielgerade eines Tages vor die Wand gehen. Alleskönner sind einsame arme Schweine. Wer ohne bekennenden Glauben da steht, stattdessen aber sozial gut eingebunden und fürsorglich ist, ist vom Christen doch auch nur einen halben Schritt entfernt. Gönnen wir allen, die gedankliche Etikette des Atheisten, auch wenn ihre Lebensrealität das Gegenteil behauptet.

Und wann?
Glaube zeigt sich im Alltag. Sie dürfen, ohne es irgendjemandem mitzuteilen, Gott oder dem Himmel Ihre Sorgen und Nöte anvertrauen. Dann sind Sie sie los. Was nicht in Ihrer Macht steht, steht vielleicht in der Macht eines Höheren. Und wenn Ihnen das zu blöd ist, vergessen Sie, was Sie gelesen haben. Oder Sie erwischen sich dabei, wie Sie in den Himmel blicken. Wie eine kurze Geste plötzlich zu Ihrem Ritual wird. Je unscheinbarer, umso besser. Und Sie merken, wie Ihr Leben leichter wird, weil Sie die schweren Lasten abgeben.

Torftipp: Ausprobieren.