20 Jahre Torfkurier, der Film






Mut

Fehler gehören dazu.

Von Götz Paschen

Mut ist machen. Das ist Mut. Entscheidungen zu treffen. Den ersten Schritt zu gehen. Nach dem ersten den zweiten. Und alle logisch folgenden. Mut ist schlicht, aufzustehen und loszugehen. Eine Türklinke in die Hand zu nehmen. ‚Guten Tag‘, zu sagen. Ein Gespräch zu eröffnen, das Konsequenzen hat. Sachen in Kartons zu räumen und woanders wieder auszupacken. Mut ist, etwas zu ändern. Und sei es ‚nur‘ die abwehrende Haltung gegenüber dem, was wir leben. Anzunehmen, was ist. Da zu stehen, wo wir stehen – ohne Vorbehalte.

Charakter
Zum Mut gehört Wandel. Auf die Gefahr hin, dass wir uns verrennen. Mut heißt, so weit zu gehen, bis wir wissen, ob wir uns verrannt haben. Und im Zweifelsfall einige Beulen und schlechte Erfahrungen mehr im Gepäck zu haben. Das gehört dazu. Wer nur positive Erfahrungen machen will, macht keine. Riskiert wenig. Lässt viel bleiben. Wer oft Glück hat, erfährt selten, dass Charakter an Widerstand wächst. Charakterstärke erzeugt Ausstrahlung. Sie ist die Attraktivität fortgeschrittenen Alters. Gleichzeitig verliert das Äußere an Frische. Das anzunehmen ist auch Mut.

Im Fluss
Turbulenzen entstehen nur mitten im Strom des Lebens. Die Komfortzone in seichter Ufernähe ist ungefährlich. Von dort aus kann man vortrefflich denjenigen zuschauen, die sich in die Strömung gewagt haben. Selbst wer sich mitten im Strom nur treiben lässt, ist abends ganz woanders. Sich abstoßen, die Komfortzone verlassen und gucken, was passiert. Das ist Mut.

Kraft
Mut ist, seine Lebensfragen anzugehen. Die Aufgabe bestimmt das Volumen. Selten fragt sie nach den Kraftreserven. Herrisch fordert sie alles und nimmt sich alles. Und wenn es sinnvoll ist, geben Sie ihr alles für einen wirksamen Wandel. Und wenn es unsinnig wird, ziehen Sie sich aus dem Thema zurück. Oder bauen eine Pause ein, um Kraft zu schöpfen für die nächste Runde. Wer meint, es hört auf, irrt. Es hört nicht auf. Es geht weiter. Sie tragen Schichten ab. Großer Unsinn ist, zu denken, Sie wären eines Tages fertig. Sie sind es nicht. Aber Sie lassen Lebensfragen hinter sich, während neue auf Sie zukommen. Im Rücken das Gefühl, schon viel gemeistert zu haben, ist Zukunftsangst unsinnig.

Frieden
Unsere gesicherte Existenz gibt Kraft, sich Fragen zu stellen, die wir geerbt haben. Im Frieden generationenübergreifende Traumata anzugehen, gehört zur deutschen Aufgabe. Während anderswo die Welt explodiert, können wir an der Heilung der Vergangenheit arbeiten. Sind wir aufgerufen, im Luxus Alternativen zu entwickeln. Vorbilder für einen neuen gemäßigten Wohlstand. Jenseits von Gier, Genusssucht und Ausbeutung. Auf einem Niveau, das Weltvorbildcharakter haben könnte. Auch das ist Mut, die Antworten dann ernst zu nehmen.

Achterbahn
Mut ist, die Stapel von oben nach unten abzutragen. Durchzuackern. Wegzusortieren. Und sich nicht in Randaufgaben zu flüchten. - Sie wollen aber pünktlich frei haben, sauber bleiben, fröhlich sein, auch in der Sonne hüpfen … Dann hilft jammern. Und fragen Sie nicht die, die da hüpfen, was sie vorher alles gemacht haben, bis sie hüpfen konnten. Fragen Sie auch nicht die, die nur gehüpft sind, was nach der Partyphase kam, als das große Heulen losging. Mut ist eine Haltung. Die nehmen Sie ein. Oder Sie lassen es. Hin und her gibt es nicht. In eine Achterbahn steigen Sie ein und dann geht es los. Unterwegs ist Ihnen kotzübel und nachher hatten Sie Spaß oder sind zumindest erleichtert. Das war dann Mut. Und eine Achterbahn ist phasenweise ein Spaziergang gegen ein erfülltes Leben.

Torftipp: Mut ist auch, Genuss zu wagen, wo Sie ihn sich sonst nicht gönnen.