Nein.

Ein klares ‚Nein' ist die zweitbeste Antwort.

Text: Götz Paschen

Ein klares ‚Nein' ist die zweitbeste Antwort. Damit wäre alles gesagt. Aber ich kann auch länger: Wer etwas will, ist auf Zu- und Absagen angewiesen. Dann kann er die Angelegenheit abschließen, weiterverfolgen oder an anderer Stelle vorantreiben. Wenn eine Antwort fehlt, ist das eine mühselige Bremse.

Unklarheit
Vertagen, vertrösten, fehlende Rückmeldung, Prokrastination (Aufschieberitis) beim Befragten … versauen einem die Produktivität oder sonstige Teile des Lebens. Alle unbeantworteten Fragen wären besser mit einer Absage beantwortet: „Kommen Sie nächste Woche?“ – „Kann ich das haben?“ – „Bist du dann da?“ – „Liebst du mich?“ … Vom nicht formulierten ‚Nein‘ in der Liebe lebt die halbe Filmindus­trie. Privat ist es eine zermürbende Geschichte. Geduld ist eine Tugend und an der falschen Stelle ein Fehler.

Das Selber-Nein
Wenn das klare ‚Nein‘ vom Gegenüber fehlt, müssen Sie es sich als Antwort selber geben. So einfach ist das. Mit dem ‚Selber-Nein‘ holt man sich die Souveränität über die Gestaltung seines Alltags- / Lebensfortschritts zurück. Wenn die Antwort fehlt, kann ich sie mir aussuchen. – „Vielleicht ... später ... wir können ja noch telefonieren … da hatte ich noch keine Zeit für … ich melde mich.“ Das können Sie doch alles getrost vergessen. Meistens disqualifiziert das nur ihr Gegenüber. Und wenn Sie zu lange bei der Eierei mitmachen disqualifiziert es auch Sie selbst.

Trennung
Leute, die keine klaren Aussagen treffen wollen, von denen sollte man sich trennen. Nichts gegen vernünftiges Überdenken. Auch nichts gegen einen Termin, zu dem die Antwort kommt. Aber dann muss sie auch kommen. Wer Sie hinhält, gehört abgemeldet. Privat wie beruflich. Das ist vertane Zeit. Das zu lernen, ist eine Aufgabe, die darf man ab der Lebensmitte abschließen und dann etwas rigoroser agieren. Es sei denn, Sie sind selber so ein Verschieber. Dann befinden Sie sich ja im passenden Biotop mit Ihresgleichen.

Technik
Attraktiv sind alle Spielarten der Technik, die beim Ausweichen helfen. Unbeantwortete Anrufbeantworter, Mailboxen und E-Mails, weggedrückte Anrufe und das versammelte Gedöns in den sozialen Medien. Das alles sind Mittel, mit denen man sich aus der Affäre ziehen kann. Die Maximierung der Kommunikationsmittel hat zum Gegenteil dessen geführt, was man erwarten könnte: Information, Klarheit, schnelle Entscheidungen ... Bei der Prognose haben wir die Schwäche des menschlichen Charakters außen vor gelassen. Wer sich nicht positioniert, versaut sich sein Karma.

Ja
Ein ‚Ja‘ erzeugt Verbindlichkeit. Ich bin oft irritiert, wenn es schnell kommt und auf der Gegenseite kein Hampelkopp rumeiert oder verzögert. Dann erinnere ich mich daran, wie das Leben eigentlich gedacht war. Ich selber schicke für alle Berufstermine Bestätigungsmails mit Wochentag, Datum, Uhrzeit und Ortsangabe mit kompletter Adresse. Dass mir nachher keiner Unsinn erzählt. Dafür ist mir meine Lebenszeit zu schade. Auf viele Gesprächsarten habe ich keine Lust mehr. Diese gehört dazu. Ja, Haken dran und weitermachen. So funktioniert die Welt, wenn sie funktioniert. Wer dann Erholung von seiner Effizienz und Arbeitsdichte sucht, kann eine Pause einlegen. Alles vor sich herzuschieben, ist keine leere Pause. Das ist anstrengendes Vermeiden.

Bibel
‚Vielmehr soll eure Rede (so) sein: Ja (sei) Ja, Nein (sei) Nein. Was darüber hinausgeht, ist vom Bösen.‘ So steht es schon in der Bergpredigt im Matthäusevangelium (5:37). Das ist auch noch heute schick. Es klingt beinahe anachronistisch, wenn man sich auf die Bibel beruft. Obwohl auf ihr immerhin das gesamte moralische Gerüst des christlichen Abendlandes aufbaut. Wer hat noch Zeit für einige Bibelverse, wo so viel digitales Geplapper im Zaum zu halten oder zu verfolgen ist?

Torftipp: Ja. Nein.