August
Oyter See
‚Ausgezeichnete Badegewässerqualität‘ laut Landkreis.
Text / Fotos: Götz Paschen
„Im
vorderen Teil eine verstärkte Nutzung, im hinteren Teil Ruhe, der
Rundweg und die Angler. Das ist ein guter Anfang, und es ist ein
Kompromiss.“ Hubert Dapper (70) aus Oyten ist Ratsmitglied für die
Grünen und im Arbeitskreis Oyter See. Der wurde inzwischen umgetauft in
Arbeitskreis Naherholung. „Der See dient der Naherholung: vorne
sportlich angehaucht und hinten naturbelassen. Deswegen werden die Wege
auch nicht geteert oder gepflastert, sondern bleiben so.“ So hat man
jetzt im vorderen Teil den Familienstrand mit Spielplatz und
Volleyballfeld. Im mittleren die Station der DRK-Wasserwacht und die
Spaßzone mit Wasserskianlage und aufblasbarem Wasserspielplatz. Und im
hinteren die Angler und die Natur. Was sagen NABU und BUND? „Die waren
beteiligt und sind nicht gegen dieses Nutzungskonzept.“ Ganz anders
sieht es da beim Naturschutzgebiet ‚Ellisee‘ in zwei Kilometern
Entfernung aus, der auch als FFH-Gebiet ‚Sandtrockenrasen Achim
(Ellisse)‘ geführt wird. An diesem See hat die Natur Vorrang. Hier ist
jegliche Nutzung untersagt. Beim Oyter See stellt Dapper die Frage: „Ist
das eine ökologische Fläche oder ein Autobahnsee? Das ist nicht zu
klären, und jeder sieht es anders. Die Ökologie des Sees ist nie
untersucht worden.“ Dem Bläuling, einem Schmetterling, und den jungen
Minifröschen am Ufer ist das gleichgültig.
Eigentümer
„Der
Arbeitskreis hat versucht, die Eigentumsverhältnisse zu klären.“ Das
Seegelände hat mehrere Teileigentümer: Der hintere Teil hinter der
Wachstation gehört dem Landkreis Verden. Kleine Stücke gehören
verschiedenen Landwirten aus der Gegend und der Gemeinde. Der vordere
Teil gehört der Firma Knaus, dem Verpächter des Campingplatzes.“ Es gibt
also nicht einen Ansprechpartner, wenn Fragen zu klären sind wie die
Pflege der Wege et cetera. Der Landkreis notiert in einer Stellungnahme
zum Rundweg: Es handele sich vom Status um einen Wald- / Feldweg und
nicht um eine öffentliche Erholungseinrichtung. Entsprechend bestehe für
den Landkreis keine Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflicht. Das
macht inzwischen aus Eigeninteresse die Gemeinde Oyten. „Auch wenn sie
keine Eigentümerin ist, hat die Gemeinde einen fahrradfähigen Rundweg
hergestellt.“
Zuständigkeiten
2012
meldete sich ein Investor, der über große Teile des Sees eine große
Wasserskianlage bauen wollte. „Da gab es einen Riesenkrach.“ Die Grünen
haben dann zeitnah eine Bürgerbefragung durchgeführt, mit dem Ergebnis:
„Die Mehrheit wollte keine große Wasserskianlage.“ Die Anwohner wollten
keinen Lärm und ihre Straßen nicht zugeparkt haben. Also: „Keine
Veränderung. Keine Planung. Nichts machen.“ Aber andererseits gab es
Beschwerden: „Der Weg und die Bänke waren nicht in Ordnung. Da lagen
umgefallene Bäume. Das Thema Müll kommt ja immer. – Die wollten zwar,
dass nichts getan wird, aber es sei auch nicht ordentlich.“ Der Rundweg,
der übrigens einen Spaziergang wert ist, sei verwachsen. „Wir brauchten
trotzdem ein Konzept, um zu sehen, wo es hingeht: Was machen wir jetzt?
Wie wollen wir den Anforderungen zwischen ‚nicht‘ und ‚doch‘ begegnen?“

Es folgte ein Treffen der Gemeindeverwaltung, der Firma Knaus und des
Arbeitskreises. Im Eigeninteresse übernahm Knaus die Pflege im vorderen
Teil auf ihrem Grundstück. Der Angelverein Achim kümmerte sich um die
Instandsetzung der Bänke. „Das waren die einzigen, mit denen man gut
reden konnte.“ Sagen und machen, ohne lange zu zögern. Knaus übernahm
die Sanierung des Spielplatzes vorne am See, das Aufstellen und Leeren
von Abfallbehältern und die Erweiterung des Strandes mit Schilf
wegbaggern nach dem Riesenandrang 2019. Die Kostenfrage und die
Zuständigkeit für den Rundweg um den See: freischneiden … „Das macht die
Gemeinde Oyten jetzt, aber eigentlich ohne Zuständigkeit. Sie hat das
freiwillig übernommen, weil alles andere zu kompliziert gewesen wäre.“
Die Brückenreparatur im hinteren Teil haben sich Gemeinde und Landkreis
geteilt.
Wasserski & Co.
Nachdem
die Anwohner gegen die große Wasserskianlage gestimmt hatten, kam 2019
probeweise eine mobile kleine Wasserskianlage. Einmal quer über den See
und zurück, wie ein Skilift am Seil, nur ohne Schnee. Laut Dapper sehr
spontan, zum Erstaunen der Ratsmitglieder, des Arbeitskreises und der
Anwohner. Aber die Genehmigungshoheit dafür lag beim Landkreis. „Während
wir noch überlegen, was wir machen und dürfen, war der Betreiber schon
bei Knaus und dem Landkreis, hat die Genehmigung und stellt die Anlage
auf. Die stand da ganz schnell da.“ Und dann kam die Bevölkerung und
erinnerte an die Abstimmung zu der großen stationären Anlage 2012. „Wie
sollten wir denen erklären, dass die Gemeindeverwaltung da nichts zu
sagen hat? Knaus hat es erlaubt, und die untere Naturschutzbehörde des
Landkreises hat zugestimmt.“ Von Arbeitskreisseite gab es gegen so eine
kleine mobile Wasserskianlage auch ökologisch keine Bedenken, so Dapper.
„Sie wird angenommen, besser als gedacht.“ Mit Wasserhüpfburg,
Sandstrand, Liegestühlen und Jungvolk im Wasserskicontainer wirkt das
alles ganz annehmbar. Die Frösche müssen sich allerdings einen anderen
Abschnitt am See aussuchen, der immerhin einen Kilometer lang ist.
Traumschlösser?
Es
gab eine ‚Zukunftswerkstatt Oyter See‘ des Arbeitskreises am 16.11.2019
im Bürgerzentrum des Rathauses unter Beteiligung von 75 Oyter Bürgern.
Sie wurde durch das Stadtplanungsbüro ‚proloco‘ aus Bremen vorbereitet
und moderiert und diente der Ideensammlung und Fragestellung: „Wo soll
es hingehen mit dem See? Der Arbeitskreis wollte eine Rückmeldungen aus
der Bevölkerung.“ Die Frage war besser nutzen, ja oder nein? Und wenn
ja, wie? „Die meisten möchten Veränderungen und etwas mehr Betrieb am
Oyter See.“ Während der Ellisee ausschließlich der Natur vorbehalten
bleibt, soll der Oyter See auch für Spiel, Sport und Freizeit zur
Verfügung stehen. Dapper erinnert sich an eine bunte Ideenliste der
‚Arbeitsgruppe Spiel, Sport, Freizeit‘ bei dem Termin: Opti-Segeln, eine
Boulebahn, ein Trimm-dich-Pfad, Großschach, eine Hundeschule mit
eingezäuntem Gelände, Beachvolleyball, Rudern, ein Adventure-Golf-Platz,
eine Seebühne mit Konzert- und Musikveranstaltungen oder Seekino. Eine
‚Silent-Disco‘ – „das fand ich ganz besonders spannend mit Musik über
Kopfhörer“, Nutzung durch Schulen und Sportvereine. Und im Bereich
Kulinarik eine Strandbar, ein Bistro oder ein Café mit Seeterrasse und
idyllischem Autobahnrauschen, verbesserter Lärmschutz zur Autobahn „aber
die Kosten!“, oder gleich Gastronomie mit Hotel am See. Eine Seilbahn,
die über den See gehen sollte, Verbesserung der hygienischen Zustände
durch Duschen und Sanitäranlagen, die Strandvergrößerung im
nord-östlichen Teil am Spielplatz. Die Arbeitsgruppe ‚Natur erleben‘
will ‚Erholung‘ und keinen ‚Rummelplatz‘. Sie fordert ‚ruhigere Bereiche
(ca. 4/5 der Fläche) und Bereiche für Spiel und Sport (ca. 1/5)
räumlich voneinander getrennt‘. Die meisten Teilnehmer sprechen sich für
ein gemischtes Zukunftsbild aus. Freizeit und Natur erleben am Oyter
See.
Realitäten
2020:
Der Sand ist aufgefahren, der Spielplatz ist renoviert, die mobile
Wasserskianlage steht. „Das ist der Kompromiss.“ Dapper wünscht sich,
dass die Parkgebühren von Knaus gering bleiben, findet sie aber in
Ordnung. „Ein Freibad kostet auch Eintritt. Zwei Euro für eine Familie
mit Auto für einen Nachtmittag, das geht. Und es ist immer alles
sauber.“ Wer mit dem Fahrrad kommt, parkt kostenlos. Für Toiletten und
Duschen müsse Knaus einen Bauantrag stellen. Mit den häufigen
Pächterwechseln bei Bistro und Camping hat die Gemeinde nichts zu tun.
Das ist Sache von Knaus. Nach der Brutzeit wird im Winter noch ein Stück
Schilf weggebaggert und der Strand an der Spitze auf der linken Seite
noch etwas vergrößert. Der Arbeitskreis Naherholung ist inzwischen an
anderen Themen. „Der See ist jetzt erstmal auf dem Weg.“
Torftipp: Hingehen, spazieren, schwimmen, wohlfühlen.
Info
Oyter See
Länge: 1.000 Meter
Breite: 130 – 400 Meter
Tiefe: maximal 14 Meter
Fläche: 23 Hektar
Art: Baggersee seit dem Autobahnbau 1930
Badeaufsicht: DRK-Wasserwacht
Wasserqualität: ‚ausgezeichnet‘ (lt. Landkreis VER)