Journalismus kostet Geld

Oder: Wer hat hier was nicht kapiert?

Von Götz Paschen

Frag mich mal einer, was ich von Gratis-Inhalten seriöser Verlage im Internet halte: Nichts. - Das ist grober Unfug. Damit wird auch nicht adäquat Geld verdient. Auch nicht mit den Werbebannern etc. Was lohnt im Netz? Mit schlankem Aufwand Beiträge zu produzieren mit hoher Reichweite. Über Centbeträge pro Blick und die hohe Reichweite wird ein Schuh draus. Aber nicht, wenn Sie einen Verlag damit ernähren müssen. Bitte lesen Sie genau, ich sprach von ‚schlankem Aufwand‘. Ich brauche für ein bis zwei Seiten Text inklusive Fahrt, Interview, Rückfahrt, Zusatzrecherche, Schreiben, Redigieren, Korrekturlesen gut acht Stunden. Und ich gucke beim Schreiben nicht viel aus dem Fenster. Wenn Sie diese Zeit mit einem Facharbeiterlohn multiplizieren, sind Sie schnell im guten dreistelligen Bereich: Regionale Presse, kurze Wege! Gesetzt der Fall, Sie schicken noch einen fähigen Fotografen mit, liegt der Beitrag schon im vierstelligen Bereich. Vorausgesetzt, Sie zahlen keine Hungerlöhne an Freiberufler. Das ist günstiger und oft üblich. Ob die auf 9,19 Euro Mindestlohn kommen, möchte ich bezweifeln.

Verschenken
Jetzt kommen die Verlage und packen richtig Material online. Stellen dafür auch extra Leute ein … Und warum? Damit sie online was zeigen können. Wem denn? Den ‚Geiz ist geil‘-Nasen, die für nichts bezahlen wollen? Wer braucht die? Und als was: Als vorteilsinteressierte Nichtzahler? Kann ich drauf verzichten. Wir bringen online einen aktuellen Bericht als Appetithäppchen. Und: Kleinanzeigen und den Kulturkalender vom Vormonat. Dass man weiß, was einen erwartet, wenn man zahlt. Onlineabo ohne Papier? Ist in Ordnung, aber nicht ohne Geld. taz-Freiwilligzahlung nach der Onlinelektüre? Fragwürdig. Gratisleistungen wie ‚Spiegel Online‘? Inhaltlich relevant, aber ökonomisch Unsinn. Die würde ich abschalten. Alle. Danach lass die Nutzer doch den restlichen Meinungskäse lesen, der dann noch im Netz steht. Wem’s reicht. Aber doch keine Leistung verschenken in der Hoffnung auf … - ja auf was denn?

Meckern
Verblödung hat schon immer nichts gekostet. Wer nicht zahlt, darf auch nicht meckern. Die Verlage haben Umsatzeinbußen, weil sie ihre wertvolle Dienstleistung online verschenken. Subventioniert durch Printerträge. Kinder, das sind selbstgemachte Leiden. Wer Information will, muss zahlen. Sonst reagieren die Verlagshäuser auf den Ertragsschwund mit Kostensenkung. Logisch. Dann wird plötzlich nicht mehr zum x-ten Mal Korrektur gelesen. Dann stehen Tippfehler im Endprodukt und sehen da wirklich schlecht aus. Ich habe auch erst nach dreimal lesen einen Text sauber. Das kostet Zeit, also Geld. Wer das nicht zahlen will, kriegt Halbfertigprodukte. Und solange die gesamte Verlagslandschaft nicht den Arsch in der Hose hat, die Rolle rückwärts zu wagen, bleibt das auch so. Also auch online nur gegen echtes Geld. Und nochmal kurz was: Wenn Spiegelredakteur Juan Moreno den Kollegen und Lügner Claas Relotius auffliegen lässt, hat das zwei Gründe: Berufsethos – na gut. Und: Dass sein Name gemeinsam mit dem des Kollegen über einer Lügengeschichte seinen Ruf und damit seine ökonomische Zukunft ruiniert. Geld hilft.

Demokratie
Warum ich Ihnen das erzähle? Weil Demokratie eine freie Presse braucht. Weil Meinungsvielfalt Geld kostet. Und zwar Sie ganz privat und ganz direkt. Ich halte auch nichts von Bohrmaschinen, Staubsaugern und Barem als Neulesergeschenk. Wer beim Essen spart, schadet den Tieren, der Umwelt und sich selbst. Wer beim Lesestoff spart, schadet guter Recherche, demokratischer Meinungsbildung und seiner Informationsbasis. Wem die Berichterstattung zu finster und frustrierend ist – was ich verstehen könnte – der ruft mich an und fragt nach alternativen Abomöglichkeiten: Kritisch, hoffnungsvoll und zukunftsweisend.

Torftipp: Abonnieren, zahlen, lesen.